Im Geografieunterricht haben wir vor langer Zeit - anfangs Gym 1 - das Thema der Nachhaltigkeit und der nachhaltigen Entwicklung behandelt.
Effizienz, Suffizienz und Konsistenz sind die Stichwörter für eine nachhaltige Entwicklung. Effizienz bedeutet allgemein eine hohe Ressourcenproduktivität. Konkret bei der Nachhaltigkeit: Mit wenig Ressourcen der Erde oder wenig Energie sollte der Ertrag möglichst gross sein. Die Bedeutung des Begriffs der Suffizienz lässt sich schon am Namen ableiten. Suffizienz ist nämlich vom lateinischen Wort „sufficere“ abgeleitet und bedeutet "ausreichen" oder "genügen". Die Suffizienzstrategie setzt darum auf das Motto: Weniger ist mehr und appelliert an jede und jeden einzeln, ihr Lebensstil zu überdenken. Die Konsistenzstrategie setzt darauf, dass wir uns der Natur anpassen und die uns von der Natur gegebenen Ressourcen sparsam nutzen.
Die Schöpfung des Begriffs der Nachhaltigkeit liegt über 300 Jahre zurück, nämlich im Jahr 1713. Nachhaltigkeit bedeutete: Nur so viel abholzen, dass wieder genug nachwächst. Bis heute gilt dies als wichtiger Bestandteil des Nachhaltigkeitbegriffs und kann als Fähigkeit zur Resilienz beschrieben werden. Danach passierte ziemlich lange nicht viel, bis 1972 mit dem langsamen Aufkommen der modernen Umweltbewegung wieder Bewegung ins Thema kam. Das Wissen um die endlichen Ressourcen der Erde und der Gefahren des exponentiellen Wachstums wurde erstmals in der breiten Öffentlichkeit verbreitet. 1987 kam der Begriff der intergenerationellen Befriedigung auf. Bei diesem Konzept heisst nachhaltige Entwicklung, dass die Bedürfnisse der Gegenwart so weit befriedigt sein sollten, dass auch künftige Generationen mit demselben Standard leben können. Mit der Agenda 21 wurde eine Leitlinie des öffentlichen Handelns im Jahr 1992 definiert und 1997 kam das Triple-Bottom-Line-Modell auf. Nach diesem Modell sollten Umwelt, Mensch und Ökonomie in einem Gleichgewicht sein, damit eine nachhaltige Entwicklung stattfinden kann. 2009 wurden zum ersten Mal die "Planetary Boundaries" der Erde ermittelt. Nach diesem Modell gibt es neun Bereiche der Umwelt, die nicht überschritten werden dürfen - sonst haben wir Menschen ein Problem. Laut den neusten Studien haben wir bereits sechs dieser neun Grenzen überschritten. 2012 gab es als Reaktion auf die "Planetary Boundaries" das Donut-Modell. Eine nachhaltige Entwicklung sorgt dafür, dass die physikalischen Grenzen nicht überschritten werden, aber gleichzeitig sollten die sozialen Grundlagen für ein gesellschaftliches Leben gegeben sein. Mit diesen zwölf sozialen Grundlagen wendet sich dieses Modell auch wieder dem Begriff der intergenerationellen Befriedigung zu - wir können uns nur nachhaltig entwickeln, wenn gewisse Lebensgrundlagen erhalten bleiben.
Diese Modelle und Strategien lassen sich jedoch nicht nur auf klassische Umweltbereiche anwenden, es ist wichtig sie in alle Bereiche unseres Lebens zu integrieren. Ein besonders relevanter Bereich ist heute die Digitalisierung. Gerade in der Informatik stellt sich darum die Frage, wie nachhaltige Entwicklung umgesetzt werden soll und kann. Gemäss Prof. Dr. Matthias Stürmer ist das Ziel der nachhaltigen Digitalisierung, das Potenzial der Digitalisierung zu nutzen und gleichzeitig negative Konsequenzen der Digitalisierung zu minimieren.
Ein sehr aktueller, negativer Aspekt der Digitalisierung ist der enorme Stromverbrauch von der Künstlichen Intelligenz. 2023 lag der Stromverbrauch der KI weltweit bei 3 TWh und die Zahl steigt: 2030 wird er auf 652 TWh geschätzt. Diese Zahlen alleine sind nicht sehr aussagekräftig, vergleicht man sie aber mit dem Stromverbrauch der ganzen USA für alle Fabriken, Haushalte, Rechenzentren, usw. - einfach alles - dann sind es überwältigende Zahlen: Im Jahr 2023 war der Stromverbrauch der USA nämlich 4000 TWh. Dazu kommt, dass die Zahlen nur den Stromverbrauch während des aktiven Trainings sowie der Nutzung spiegeln, der Stromverbrauch des Herstellungsprozesses für Server und GPUs ist dabei nicht einberechnet. Das Problem: Ein solch enormer Stromverbrauch ist mit riesigen CO₂-Emissionen verbunden.
Mit Effizienz, Suffizienz und Konsistenz natürlich.
Konsistenz: Eine Studie untersuchte das LLM BLOOM und dabei wurde festgestellt, dass fast die Hälfte des CO₂-Ausstosses nicht vom Training, sondern aufgrund "grauer Emissionen" und stromverbrauchenden Leerlaufzeiten entstand. Unter den grauen Emissionen sind CO₂-Emissionen gemeint, die durch den Herstellungsprozess von Hardware wie eben GPUs und Servern entstehen. Darum wäre es sicherlich sinnvoll die Hardware-Wiederverwendung und das Recycling zu steigern. Die Studie meinte, dass bei anderen LLM-Modellen wie beispielsweise GPT-3 der grösste Teil des Stroms kohlenstoffbasiert war, mit dem Verwenden von erneuerbaren Energien wäre auch schon viel getan.
Effizienz: Es sollte Hardware gebraucht werden mit niedrigerem Energieverbrauch und höherer Energieeffizienz. Zudem sollten noch effizientere Algorithmen, die weniger Rechenleistung benötigen, entwickelt werden.
Doch was ist mit der Suffizienz? Im Moment machen wir uns noch keine Gedanken darüber, wann KI wirklich sinnvoll einzusetzen ist oder wann sie nur ein Nice-to-have ist. Doch laut der vorhin erwähnten Schätzung werden 2030 fast 50 % des Stromverbrauchs auf die „Inference“ fallen– also auf die aktive Nutzung von KI durch Verbraucher wie es auch wir sind.
Eine nachhaltige Digitalisierung der KI verlangt also nicht nur bessere Technologien und für das Klima freundlichere Entwicklungsprozesse, sondern auch bewusste Entscheidungen darüber, wo wir KI wirklich brauchen – und wo eben nicht.
Unterrichtsmaterialien Geografie von Heiner Aebischer
Notizen und Folien der Vorlesung Digitale Nachhaltigkeit der Uni Bern von Prof. Dr. Matthias Stürmer HS24